Sechs Jahre und 2000 Besuche: Die junge Corina betreut ihren Mann, der im Wachkoma lebt
Vor zwölf Jahren folgte Corina J. (35) ihrer großen Liebe aus dem rumänischen Hermannstadt ins Saarland. Seit sechs Jahren lebt sie mehr allein als zu zweit. Denn ihr Mann Chris ist ein Wachkoma-Patient.
Karlsbrunn. Das Taschentuch hat sie immer dabei. Wenn Chris (38) zu schlucken vergisst, wischt ihm Corina (35) über den Mundwinkel, noch bevor Speichel zu sehen ist. Eine fast reflexhafte Bewegung von gründlicher Zärtlichkeit. Sechs Jahre hatte sie Zeit, diese Geste zu üben. Rund 2000 Besuche in der Karlsbrunner Cura-Med-Klinik, einem seltenen Spezial-Zentrum für neurologische Langzeitrehabilitation und Intensivpflege, liegen hinter ihr. Wie viele noch vor ihr? Das "Wie lange noch?" schiebt Corina beiseite: "Das Leben geht vorbei. Ich denke nicht darüber nach." Zeit ist für sie keine Kategorie mehr. Täglich, unmittelbar nach einer harten Schicht in einem Speditionsbetrieb in St. Ingbert, fährt sie in den Warndt. Meist kommt sie gegen 17 Uhr an. Sie bleibt drei Stunden, von denen sie sagt: "Sie vergehen wie nichts." Mit einem stummen Mann, dessen Bewusstsein in einem fremden Irgendwo festhängt und der seine Zuneigung nicht mehr zeigen kann? Man stellt es sich als Strapaze vor, als Überforderung für eine junge, vitale Frau, die gerade mal sieben gute Ehe-Jahre hinter sich hatte, bevor jedwede Normalität weggesprengt wurde.